Vor 1850 gleicht der Weinberg einem Wald aus Rebstöcken
Lange Zeit funktionierte der Weinbau im Wallis nach seinen eigenen Regeln. Alte Dokumente zeigen, dass es nicht immer Rebstickeln gab und viele Rebstöcke ohne Stützen auskamen. Die Methoden zur Erneuerung alter Pflanzungen (Absenken, Pfropfen oder Schichtung) verleihen dem Weinberg ein ganz anderes Aussehen als heute: Die Rebsorten sind gemischt, die Pflanzen sind nicht in Reihen angeordnet und die Dichte der Rebstöcke ist sehr hoch: bis zu 30’000 Stöcke pro Hektar!
Einsatz von Rebstickeln
Ab 1850 erfordert der Kampf gegen die Reblaus und der Anbau des Fendants neue Regeln, die dem Weinberg seine heutige Form verleihen. Es ist das Ende der Ära des Mischsatzes und der Beginn der Herrschaft der Rebsortenreinheit. Der Fendant erfordert den «waadtländischen Schnitt», mit anderen Worten den Becherschnitt, der Rebstickel erfordert. Die Walliser Winzer pflanzen zwischen 1860 und 1960 Millionen davon.
Die Kunst der halben Höhe
Nach dem Zweiten Weltkrieg sucht man nach neuen Möglichkeiten, die Weinbauarbeiten zu rationalisieren. Das System des «Spindelbuschs» erfreut sich grosser Beliebtheit. Eine einzige Spindel ersetzt vier Becher und erfordert weniger Laubpflege. Zur gleichen Zeit erregte die aus Österreich stammende «Hochkultur» das Interesse der Weinbauern. Diese abrupte Erhöhung lässt eine Verzögerung der Traubenreife und einen ungünstigen Anstieg des Säuregehalts befürchten. Mehrere Zwischenlösungen werden vorgeschlagen. Die schrittweise Einführung von «mittelhohen Spalierweinbergen», oft quer zum Hang angebaut, wird die Mechanisierung des Walliser Weinbergs erleichtern. Die Pflanzdichte stabilisiert sich bei etwa 7000 bis 10’000 Stöcken/ha, mit einem permanenten Kordon oder einem jährlichen Langholz, das 50 bis 80 cm über dem Boden angebracht wird. Mit einigen Varianten ist dieser Spalieranbau derzeit eine der am weitesten verbreiteten Anbaumethoden weltweit.
Quelle
SIMON Jean-Louis, «Das Erziehungssystem nach Walliser Art» in Rebe und Wein im Wallis: die Geschichte von den Anfängen bis heute, Sierre-Salgesch, Walliser Reb- und Weinmuseum, Gollion, Infolio, 2010.